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Wohnrecht
Tod des Berechtigten, Stellung des Lebensgefährten?
Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover / Solingen
Im Mietrecht ist der Fall klar geregelt: Stirbt der Mieter, und hat er bis zu seinem Tod mit einem Lebensgefährten zusammen in der Wohnung gelebt, so tritt der Lebensgefährte als Haushaltdsangehöriger in den Mietvertrag ein (§ 563 Abs. 1 BGB), ohne dass er vorher selbst Mieter gewesen sein muss. Der Vermieter kann unter den Voraussetzungen von § 563 Abs. 4 BGB kündigen. Ist der Lebenspartner selbst auch Mieter gewesen, so wird das Mietverhältnis mit ihm fortgesetzt (§ 563 a Abs. 1 BGB). Nur der überlebende Ehepartner als Mieter kann kündigen, der Vermieter nicht (§ 563 a Abs. 2 BGB). Doch wie steht es bei einem eingeräumten Wohnrecht? Dazu folgender Fall:
Mehrfamilienhauseigentümer E trägt sich mit Heiratsabsichten. Sein Schwiegervater in spe S ist Inhaber eines lebenslangen Wohnrechts an einer Wohnung des Hauses. E erfährt, dass der künftige Schwiegervater wieder eine Partnerschaft begründet hat und seine neue Liebe L mit in seine Wohnung aufnehmen möchte. E fragt, ob die Lebenspartnerin L wohnen bleiben darf, wenn S verstirbt.
Für die Antwort kommt es darauf an, welche Art von Wohnrecht begründet worden ist.
Nießbrauchsrecht
Handelt es sich um ein Nießbrauchsrecht, so steht S neben der Entscheidung selbst in der Wohnung zu leben auch das Recht zu, die Wohnung zu vermieten oder sonst zu überlassen (§§ 1030 Abs. 1, 1059 Satz 2 BGB; dazu: BGH, Urteil vom 13.7.2012 - V ZR 206/11, NJW 2012, 3572 Rn. 13).
S könnte also mit L zum Beispiel einen Mietvertrag schließen. Bei seinem Tod würde dann durch die Beendigung des Nießbrauchsrechts der Vermieter wechseln; neuer Vermieter wäre dann E. Der Mietvertrag hätte aber Bestand (§ 1056 Abs. 1 BGB, allein aus dem Tod des bisherigen Vermieters S erwächst kein Kündigungsgrund für E. E als Eigentümer und neuer Vermieter könnte nur mit gesetzlicher Frist kündigen, wenn gesetzlich anerkannte Kündigungsgründe vorliegen (§ 1056 Abs. 2 Satz 1 BGB; näher: Drasdo, Nießbrauch und die Folgen für ein Mietverhältnis, NJW-Spezial 2023, 673). Diese Kündigung ist dem Eigentümer verwehrt, wenn er selbst an den Mietvertrag gebunden ist; sei es, weil er selbst vor der Bestellung des Nießbrauchsrechts den Mietvertrag abgeschlossen hat, ihm hinterher beigetreten ist oder weil er Alleinerbe des verstorbenen Nießbrauchsberechtigten geworden ist (BGH, Urteil vom 12. Oktober 2011 – VIII ZR 50/11, NZM 2012, 558).
Diese Konsequenz kann sich auch ergeben, wenn im Vertrag zur Bestellung des Nießbrauchsrechts spezielle Regelungen für Angehörige des Nießbrauchsberechtigten getroffen wurden (dazu OLG München, Beschluss vom 20.10.2016 - 34 Wx 228/16, NZM 2017, 639; OLG Dresden, BeckRS 2021, 4126).
Nur dann, wenn es weder in der Bestellungsurkunde zur Einräumung des Nießbrauchs Sonderregelungen für Lebenspartner oder sonstige Angehörige gibt und wenn auch kein Mietverhältnis zwischen dem Nießbrauchsberechtigten und der Partnerin abgeschlossen worden ist, muss die Lebensgefährtin in der Regel ausziehen (BGH, Urteil vom 7.9.2005 - XII ZR 209/02, NZM 2006, 235. Denn dann hat sie kein eigenständiges Wohnrecht. Der Nießbrauch kann nämlich nicht vererbt oder auf andere Personen übertragen werden. Er erlischt mit dem Tod des Berechtigten.
Wohnungsrecht
Von einem eingeräumten Nießbrauch zu unterscheiden ist ein (dingliches) Wohnungsrecht, eingetragen im Grundbuch als beschränkt persönliche Dienstbarkeit (§ 1093 Abs. 1 BGB; vgl. zur Abgrenzung eines Nießbrauchs vom Wohnungsrecht: BGH, Urteil vom 23. März 2023 – V ZR 113/22, NZM 2023, 679 Rn. 21). Sollte ein solches Recht bestellt worden sein, so gilt: Es erlischt nicht automatisch durch den Tod des Berechtigten, es sei denn, der Bestellungsvertrag sieht ausdrücklich Abweichendes vor. Mangels solcher Regelungen greift deshalb auch keine Automatik, die den überlebenden Lebensgefährten zum Auszug zwingt. Denn § 1093 Abs. 1 BGB verweist im Wesentlichen für den Rechtsinhalt auf die Regelungen zum Nießbrauch, aber eben nicht auf das automatische Erlöschen des Rechts bei Tod des Berechtigten (bestätigend auch OLG Saarbrücken, Beschluss vom 5.8.2010 - 5 W 175/10, NZM 2011, 215; OLG Celle, Beschluss vom 13.7.1998 - 4 W 129-98, NZM 1998, 929). Im Gegenteil bestimmt § 1093 Abs. 2 BGB ausdrücklich, dass der Inhaber des Wohnungsrechts „seine Familie und die zur standesgemäßen Bedienung und zur Pflege notwendigen Personen in die Wohnung mit aufnehmen“ darf. In unserem Fall müsste also S seine neue Liebe L nicht einmal heiraten oder mit ihr einen Überlassungsvertrag, bezogen auf die genutzte Wohnung, abschließen.
Wohnnutzungsrecht
Der Vollständigkeit halber sei noch der Hinweis auf ein Wohnnutzungsrecht gemäß § 1090 BGB gegeben. Es ist nur dann anzunehmen, wenn sich aus der Eintragung des Rechts ergibt, dass dem Eigentümer des Hauses neben dem Berechtigten an dessen Wohnung ein Mitbenutzungsrecht verbleiben soll. Zu solchen Konstellationen kommt es in aller Regel aber nicht.
Lesetipp zum Nießbrauch und zum Wohnungsrecht
Übertragung und Vererbung von Grundbesitz
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