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Wärmewende:
„Zankapfel“ Wärmepumpe?
Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst
Von einem erbittert geführten Nachbarschaftsstreit in Köln berichtet der WDR am 2.6.2023: Die Wärmepumpe auf dem Nachbarhaus verursacht so einen Lärm, dass nachts an schlafen nicht mehr zu denken ist. Es handelt sich um einen tieffrequenten Dauerton. Der Beitrag beschreibt den Lärmeindruck der Betroffenen: „Es ist, als ob ein Hubschrauber genau über unserer Wohnung in der Luft steht, oder als ob ein Kühl-Lkw, mit allen Aggregaten auf Volllast betrieben, unter unserem Fenster parkt. Nachts ist an Schlaf nicht mehr zu denken“. Die Wohnung als Ruhezone? Fehlanzeige! Die Behörden (Bauamt, Umweltamt, Ordnungsamt) greifen nicht ein und äußern sich nach den Ausführungen des Beitrags „in einem laufenden Verfahren“ nicht. Die betroffenen Anwohner fühlen sich alleingelassen.
Wie geht man damit um?
Und: Die politisch angestrebte Wärmewende durch einen grundlegenden Umbau der Versorgung von Gebäuden mit Heizenergie und warmem Wasser verleiht dem Thema „Wärmepumpe“ eine neue und wesentlich größere Dimension. Denn bei aller immer wieder proklamierten Technologieoffenheit des angestrebten Heizungsumbaus soll der Wärmepumpe möglichst Priorität zukommen.
Bisherige Rechtslage
Entscheidend ist die Vereinbarkeit einer Wärmepumpe mit dem Baurecht und dem Immissionsschutzrecht, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung von Lärmgrenzwerten. Beide Materien sind länderspezifisch geregelt, für das Immissionsschutzrecht gibt es einen bundeseinheitlichen Rahmen (z. B. § 22 BImSchG, TA-Lärm). Baurechtlich wird unterschiedlich beurteilt, ob es sich bei einer Wärmepumpe im Außenbereich eines Grundstücks um eine selbstständige bauliche Anlage handelt (so: für NRW: VG Düsseldorf, Urteil vom 16. Dezember 2015 – 28 K 3757/14 –, juris) oder nicht (so für Niedersachsen: VG Hannover, Urteil vom 14. Oktober 2022 – 12 A 2675/20 –, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. November 2016 – 7 A 263/16 –, juris; OLG München, Urteil vom 11. April 2018 - 3 U 3538/17, IMR 2018, 255), ferner ob mit ihrem Standort ein Abstand zur Grundstücksgrenze einzuhalten ist (so: LG Darmstadt, Urteil vom 10. April 2019 – 7 O 124/18 –, juris; VG Köln, Urteil vom 13. März 2020 – 8 K 16093/17 –, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 22. September 2018 - 28 K 3757/14) oder nicht (VG Mainz, Urteil vom 30. September 2020 – 3 K 750/19 –, juris; OLG München, Urteil vom 11. April 2018 - 3 U 3538/17, IMR 2018, 255). Ist ein Grenzabstand einzuhalten, so wird im Falle der Verletzung dieser bauordnungsrechtlichen Vorschrift mit nachbarschützender Wirkung dem betroffenen Nachbarn ein zivilrechtlicher Abwehranspruch gegen den Standort der Wärmepumpe zugestanden (§§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 906 Abs. 1 BGB; dazu: OLG Nürnberg, Urteil vom 30. Januar 2017 - 14 U 2612/15, juris; Vorinstanz: LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 7.11.2015 - 16 O 8752/13; AG Bernau, Urteil vom 23 9. 2010 - 10 C 311/09; LG Meiningen, Urteil vom 16.12.2014 - 3 O 402/14; OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 26.2.2013 - 25 U 162/12; - , jeweils Anspruch auf ein Versetzen der Wärmepumpe). Ganz analog werden auch einem Mieter gegen seinen Vermieter Abwehransprüche eingeräumt, wenn der Vermieter eine Wärmepumpe installiert, die den zulässigen Geräuschpegel (hier 25 dB/A) überschreitet (OLG München, Urteil vom 24.10.2007 - 34 Wx 23/07, NZM 2008, 249 - Verurteilung des Vermieters einer Eigentumswohnung zur Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Begrenzung der Lärmemission).
Beispiel NRW
Schon am 16.12.2022 hat das Land NRW in einem Runderlass des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung festgelegt, dass ein baurechtlicher Mindestabstand für Wärmepumpen zum Nachbargrundstück künftig regelmäßig entfallen soll. Noch bedarf es dazu eines Antrags auf Abweichen der in der Bauordnung noch geltenden Abstandsgebote (§ 69 Abs. 1 Satz 1 BauO MRW 2018). Weder das Einverständnis des Nachbarn noch der Feuerwehr ist dafür notwendig.
Eine jetzt beschlossene Neufassung der Landesbauordnung NRW übernimmt für die Zeit ab dem Jahre 2024 diese Aussage. Bislang ordneten Teile der Rechtsprechung Wärmepumpen zwar nicht als selbstständige bauliche Anlage ein (anders aber: VG Düsseldorf, Urteil vom 16. Dezember 2015 – 28 K 3757/14 –, juris), jedoch als Teil der Gebäudeaußenwand. Das hatte zur Folge, dass bauordnungsrechtliche Grenzabstände auch beim Standort der Wärmepumpe zu beachten waren.
Das Lärmschutzrecht als Teil des Immissionsschutzrechtes gilt aber uneingeschränkt und ist deshalb einzuhalten. Stellt ein beauftragter Unternehmer die Wärmepumpe auf, muss er seinem Auftraggeber eine entsprechende schriftliche Erklärung (Unternehmerbescheinigung nach § 62 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW 2018) ausstellen. Installiert ein Hauseigentümer die Wärmepumpe selbst, muss er sich die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften von einem Sachverständigen schriftlich bestätigen lassen. Beide Bescheinigungen müssen den Bauaufsichtsbehörden nicht vorgelegt werden, sondern sind lediglich vorzuhalten und bei einem Eigentümerwechsel an den Erwerber zu übergeben.
Folgerungen
Es ist zu erwarten, dass die übrigen Bundesländer - soweit nicht schon geschehen - dem Beispiel Nordrhein-Westfalen‘s folgen und bisherige Grenzabstände für Wärmepumpen eliminieren werden. Vorgreiflichkeiten für die immissionsrechtliche Beurteilung sind damit nicht verbunden. Der Lärmschutz gilt also weiter - und das ist auch richtig so. Gleichzeitig ist diese Rechtsentwicklung für lärmgeplagte Nachbarn mit einem höheren Prozess- und Kostenrisiko verbunden. Denn jetzt geht es nicht mehr um die formale Betrachtung eingehaltener Mindestabstände zur Grundstücksgrenze (so aber noch LG Meiningen/Thüringen, Urteil vom 16.8.2016 - 3 O 402/14 - Rückbauanspruch nur wegen der Verletzung des Grenzabstandes ohne Rücksicht auf Lärmsituation zuerkannt) oder sonstiger baurechtlicher Vorgaben. Gleichwohl lohnt ein Blick in die Baugenehmigung des Nachbarn, soweit die Installation einer Wärmepumpe in den einzelnen Bundesländern baugenehmigungspflichtig ist (dazu: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.1.2019 - 5 S 1913/18; VG Ansbach, Urteil vom 28.10.2021 - AN 17 K. 20.01470, openJur 2022, 6193). Das ist aber zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen nicht der Fall.
Abgesehen von diesem Aspekt ist nur noch entscheidungserheblich, ob die bundesrechtlich und landesrechtlich geltenden Lärmgrenzwerte beim Betrieb der Wärmepumpe eingehalten werden oder nicht. Das ist Frage des Einzelfalls, nicht zuletzt das Ergebnis einer gutachterlichen Bewertung. Gerichtsverfahren werden dadurch teurer, weil aufwändiger und länger dauernd. Hinzu kommt eine komplexe und bisweilen unsichere Rechtslage, die sich nach dem „Mainstream“ des Klimaschutzes, der Wärmewende im Gebäudebereich und in der energetischen Optimierung von Gebäudesituationen auch im Bereich der Heiztechnik immer mehr „pro Wärmepumpe“ entwickelt.
Abgesehen davon drohen dem Kläger gegen eine Wärmepumpe Schadensersatzforderungen des Wärmepumpenbetreibers, wenn zum Beispiel die Vorinstanz den Abbau der Pumpe aufgibt, dann aber zum Beispiel im Berufungsverfahren gegenteilig entschieden wird (vgl. OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 26. 2. 2013 - 25 U 162/12; anders noch die Vorinstanz: LG Kassel, Urteil vom 6.9.2012 - 25 U 162/12). Immer geht es beim Thema „Schadensersatz“ auch um den Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB (dazu: AG Bernau, Urteil vom 23 9. 2010 - 10 C 311/09).
Lässt sich die Lärmsituation für Betroffene zum Beispiel durch vereinbarte andere Standorte oder durch Lärmschutzmaßnahmen des Nachbarn (z. B. durch ein Verkapseln der Pumpe) nicht akzeptabel mildern, sollten Immissionsschutzbehörden eingeschaltet werden. Sie sind zu Ortsterminen mit Lärmmessungen verpflichtet. Dabei ist es natürlich denkbar, dass es zu einer Stagnation des Verfahrens wie im Eingangsbeispiel dargestellt kommt. Unternimmt die Behörde also nichts, bleibt sie auf festgestellte Verstöße reaktionslos oder gibt es Zweifel an den festgestellten Messwerten, ist verwaltungsrechtlicher Rechtsschutz zu suchen, als letztes Mittel Klage vor dem Verwaltungsgericht gegen die Behörde einzureichen. Nach Auffassung des VG Saarland (Urteil vom 1.2.2012 - 5 K 1528/11, juris; differenzierend allerdings: VG Hannover, Urteil vom 14. Oktober 2022 – 12 A 2675/20 –, juris, Rn. 30) muss der Betreiber der Wärmepumpe sogar beweisen, dass er die Lärmgrenzwerte (TA-Lärm) bei deren Betrieb einhält.
Schlussbemerkung
Die gute und möglichst geräuscharme Qualität eines Wohnquartiers sollte bei dem sicher anzuerkennenden erstrangigen Stellenwert eines Klimaschutzes auch durch den vermehrten Einsatz regenerativer Energieformen im Gebäudebereich nicht aus dem Blick geraten.
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