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Vorweggenommene Erbfolge

Steuerwert bei übernommener Immobilie mit Gegenleistungen

Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover / Solingen

Wer durch einen notariell beurkundeten Übertragungsvertrag bereits zu Lebzeiten sein Immobilienvermögen zum Beispiel an die nächste Generation oder sonstige Verwandte übertragen will, hat grob gesagt drei Möglichkeiten: Er kann verschenken, teilentgeltlich gegen vereinbarte Gegenleistungen veräußern (gemischte Schenkung), die dann mit kapitalisiertem Steuerwert von der Berechnungsgrundlage bei etwa fälliger Schenkung- und Erbschaftsteuer abgezogen werden, oder (vollentgeltlich zum Verkehrswert) verkaufen.

Übertragung durch gemischte Schenkung

Für die Übertragung durch gemischte Schenkung gibt es zunächst auf Seiten des Übergebers ein reales Interesse: Er erhält Unterstützung im Alltag und dazu noch Geldleistungen, oder zum Beispiel auch Bauleistungen am Haus. Vor allen Dingen zeigt sich die gemischte Schenkung für den Übernehmer als „Steuersparmodell“. Typisch in diesem Modell ist

  • die Vereinbarung einer monatlich zu zahlenden Rente für den Übergeber,
  • die Vereinbarung von Pflegeleistungen im Alltag,
  • die Verköstigung auf Kosten des Übernehmers,
  • die Erledigung erforderlicher Gänge zum Arzt und zur Apotheke durch den Übernehmer für den Übergeber, und vor allem
  • die Vereinbarung eines lebenslänglichen unentgeltlichen Wohnrechts, bzw. eines
  • ein Nießbrauchsrecht, das über die Möglichkeit zur Wohnung hinaus auch die Vermietung durch den Übergeber mit entsprechenden Mieteinkünften in seiner Person ermöglicht.

All diese Leistungen lassen sich mit ihrem Steuerwert kapitalisieren und reduzieren den anzusetzenden steuerlich relevanten Wert der übertragenen Immobilie.

Ein Fallbeispiel

Dazu nun der folgende Fall: Onkel O überträgt seinem Neffen N im Juli 2014 ein Mehrfamilienhaus. Als Gegenleistungen werden vereinbart eine monatliche Rentenzahlung, Pflegeleistungen, die Verköstigung des O auf Kosten des N, die Erledigung von Gängen zum Arzt und zur Apotheke durch N für O. Ferner behält sich O ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht an einer Wohnung in dem übertragenen Mehrfamilienhaus vor. Mieteinkünfte aus einer weiteren im Haus vermieteten Wohnung sollen O bis zu seinem Tod weiterhin zustehen. O verstirbt im Dezember 2014, also nur 5 Monate nach der Hausübertragung.

Das Finanzamt geht von einer gemischten Schenkung aus und sieht den Erwerb als steuerpflichtig an. Vom Steuerwert des Grundstücks werden die Kapitalwerte der übernommenen Verpflichtungen (monatlicher Rentenbetrag 300 €, 458 € für die vereinbarten Pflegeleistungen, Kapitalwert des Wohn- und Nießbrauchsrechts insgesamt 2500 €, 250 € für jede Wohnung, also insgesamt 500 € pro Monat), die Erwerbsnebenkosten und der Steuerfreibetrag - hier 20.000,00 €) abgezogen. Beim Ansatz der Kapitalwerte wird die zeitliche Dauer von nur 5 Monaten für die Pflegeleistungen berücksichtigt (§ 14 Abs. 2 Bewertungsgesetz - BewG).

Gegen diese steuerliche Bewertung zieht O vor das Finanzgericht und macht geltend, die gemischte Schenkung müsse im Wege einer Verhältnismäßigkeitsrechnung in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufgeteilt werden. Die vereinbarten Pflegeleistungen und der dafür anzusetzende Kapitalwert seien so umfänglich, dass ein voll entgeltlicher Vertrag anzunehmen sei, für den keine Schenkungsteuer anfiele.

Urteil des BFH

In letzter Instanz folgt der Bundesfinanzhof (BFH) dem Steueransatz des Finanzamtes (Beschluss vom 5.7.2018 - II B 122/17, NJW 2018, 3055 ff = DWW 2018, 355 ff = ZEV 2018, 608 ff). Im Falle einer gemischten Schenkung, für die die Steuer nach dem 31. Dezember 2008 entstehe, sei keine gesonderte Berechnung des Verhältnisses zwischen dem Verkehrswert des zugewendeten Gegenstands und dem Wert der Gegenleistung mehr vorzunehmen. So sei auch zu verfahren, wenn der nach dem Bewertungsgesetz ermittelte steuerliche Wert niedriger sei als der Marktwert der Immobilie.

Und: Tatsächlich seien die vereinbarten Gegenleistungen und Nutzungsauflagen mit weniger als 30 % des festgestellten Grundstückswerts zu bemessen. Das Risiko einer erhöhten Pflegebedürftigkeit des Übergebers und des sich damit erhöhenden Pflegeaufwands sei beim Wertansatz dieser Gegenleistung nicht mit zu berücksichtigen. Denn aufgrund der kurzen Restlebensdauer habe sich dieses Risiko nicht realisiert.

Anmerkung

§ 14 BewG enthält, ergänzt durch ErbStH 2020 Anhang B 11 I Bewertung einer lebenslänglichen Nutzung oder Leistung; Vervielfältiger für Bewertungsstichtage ab 1.1.2020 Einzelheiten zur Berechnung des Kapitalwerts lebenslänglicher Nutzungen und Leistungen.

Lesetipp

Ausführlich zur vorweggenommenen Erbfolge, zu deren Gestaltungsmöglichkeiten einschließlich steuerlicher Beurteilung sowie zur Bestandskraft gegenüber einem leistenden Sozialhilfeträger: Broschüre "Übertragung und Vererbung von Grundbesitz", 4. Auflage 2022, ISBN 978-3-96434- 032-0, 589 Seiten, 29,95 € zuzüglich 3,00 € Versandkosten bei Einzelbestellung, zu beziehen über den Verlag (Tel.: 030/20216-204 oder Fax: 030/20216-580), das Internet oder per E-Mail.

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