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Mietende

Renovierungspflicht in der „Villa Kunterbunt“?

Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover / Solingen

Über Geschmack kann man lange streiten, oder gar nicht. Das wussten schon die alten Römer (de gustibus non est disputando). Deshalb hat der Wohnungsmieter während der Vertragszeit einen weiten Entscheidungsspielraum, wie er das Innere seiner Wohnung dekoriert. Je nach Intensität der Farbgebung an Einrichtungen, Türen, Wänden und Decken muss er dann aber damit rechnen, bei Ende des Mietverhältnisses renovieren zu müssen, damit die Wohnung in einem weitervermietungsfähigen Zustand zurückgegeben werden kann. 

Dazu folgendes Fallbeispiel:

Mieter M zieht aus, ohne zu renovieren. Zuvor hatte er die Wände in gelb, grün und rosa gestrichen. Außerdem verschließt er die von ihm gesetzten Dübellöcher nicht. Vermieter V ist der Ansicht, so könne die Wohnung nicht zur Weitervermietung angeboten werden. V lässt die Wohnung neu tapezieren und streichen und klagt die angefallenen Kosten als Schadensersatz gegen M ein.

Urteil: Klage abgewiesen
Das AG Hanau weist ihn ab (Urteil vom 29.11.2024 - 32 C 265/23, FD-MietR 2024, 826926 = BeckRS 2024, 34550). Weil die im Mietvertrag enthaltenen Klauseln zur Durchführung von Schönheitsreparaturen unwirksam seien, sei M schon während des Mietverhältnisses überhaupt nicht zur Renovierung verpflichtet gewesen. An seiner Stelle hätte also V nach dem gesetzlichen Grundmodell renovieren müssen (§§ 535 Abs. 1 Satz 2, 306 Abs. 2 BGB). Dieser Pflicht sei V während des 13 Jahre lang dauernden Mietverhältnisses nicht nachgekommen. Die damit ersparten Renovierungskosten müsse er sich deshalb jetzt auf seinen Schadensersatzanspruch anrechnen lassen. Ergebnis: Sein dem Grunde nach bestehender Schadensersatzanspruch werde in der Höhe „auf Null“ reduziert.

Argumentation des Gerichts zweifelhaft

Die in Ergebnis und Begründung falsche Entscheidung verblüfft und entrüstet! Rechtlich und wirtschaftlich kommt die Argumentation des AG Hanau einer Aufrechnung gleich. Sie setzt zunächst zwei Forderungen voraus, die sich jeweils fällig gegenüberstehen. Schon daran fehlt es. Denn Mieter M hat einen Anspruch auf Renovierung als Instandhaltungsanspruch nie geltend gemacht. Ein Instandhaltungsanspruch, hier auf Vornahme von Renovierungsarbeiten, hat mit einem Anspruch auf eine Geldleistung als Schadensersatz auch nichts gemein; die Forderungen sind nicht gleichartig. Einerseits geht es um einen Anspruch auf Vornahme von Renovierungsarbeiten, andererseits geht es um einen Schadensersatzanspruch in Geld. Gleichartige Forderungen hätten sich nur erreichen lassen, wenn zunächst der Anspruch auf Vornahme der Renovierung von M gegen V geltend gemacht und dann nach den gesetzlichen Vorgaben in einen Schadensersatzanspruch in Geld umgewandelt worden wäre.

Nachzutragen ist:
Der Mieter schuldet gemäß §§ 535, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz, wenn er eine in neutraler Farbgestaltung übernommene Wohnung bei Vertragsende in einem ausgefallenen farblichen Zustand zurückgibt, der von vielen Mietinteressenten nicht akzeptiert wird (BGH, Urteil vom 6.11.2013 - VIII ZR 416/12, NJW 2014, 142). Ob der Mieter die Wohnung unrenoviert oder renoviert erhält, kann im Unterschied zur Auffassung des AG Hanau keine Rolle spielen. Denn Farbgestaltung bleibt Farbgestaltung; zu bunt bleibt zu bunt. Seine Schadensersatzpflicht hat also mit seiner vertraglich wirksamen oder unwirksamen Verpflichtung zur Ausführung von Renovierungsarbeiten gar nichts zu tun.

Mieter verletzt Rückgabeverpflichtungen

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Vermieter unabhängig von wirksam vereinbarten Schönheitsreparaturklauseln die entstandenen vertragsgemäßen Abnutzungen der Mietsache zu tragen hat (§ 538 BGB). Denn die Rückgabe einer „Villa Kunterbunt“ ist eben nicht vertragsgemäß. Damit verletzt der Mieter seine Rückgabepflicht (Schlechterfüllung). Daraus und nur daraus ergibt sich der Schadensersatzanspruch (§§ 546 Abs. 1, 241 Abs. 2,280 Abs. 1 BGB).

Und zum guten Schluss: Selbst wenn der Vermieter wegen Unwirksamkeit vertraglicher Formularklauseln zur Durchführung von Schönheitsreparaturen in Erfüllung seiner eigenen Renovierungspflicht renoviert hätte, darf unterstellt werden, dass der Mieter auch dann seinen geschmacklichen Vorlieben zur Farbgestaltung entsprochen – und bunt angemalt hätte. Er hätte also so oder so „kunterbunt“ gestrichen. Geht man entgegen der hier vertretenen Auffassung konform mit der Auffassung des AG Hanau, so hätte der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens den Schadensersatzanspruch des Vermieters in jedem Fall „gerettet“.

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